Beispiel des Monats April 2025 für das ehrenamtliche Engagement Hochaltriger
Die Stärken der Älteren aktivieren
Christa Jordan (83) ermutigt als Senior-Trainerin zu eigenständigem Engagement.

Erfahrungswissen – das ist die Stärke von älteren Menschen. Christa Jordan aus dem bayerischen Landsberg ist zudem Expertin darin, dieses Erfahrungswissen bei anderen Menschen zu aktivieren. Als Senior-Trainerin hat die 83-Jährige vielen Menschen geholfen, ihr gesammeltes Wissen in ehrenamtliche Aktivitäten zu lenken und insbesondere, selbst Initiativen zu gründen. Die Expertin für Motivation und Kommunikation wurde für ihr außergewöhnliches Engagement von der Jury der Stiftung ProAlter mit einem der zehn Preise bedacht.
Schon in ihren 30er-Jahren hat Christa Jordan ehrenamtlich eine Seniorentagesstätte geleitet. Mit 50 absolvierte die gelernte Kauffrau eine Ausbildung zur Kommunikationstrainerin und machte sich selbstständig. 20 Jahre lang schulte sie Betriebsräte in ganz Deutschland. Erst mit 73 beendete die die zweifache Mutter und zweifache Großmutter ihre Berufstätigkeit.
In dieser Umbruchphase stieg Christa Jordan in neue Ehrenämter ein. So startete sie im Mehrgenerationenhaus der AWO die Kurse zum/zur Senior-Trainerin. Diese Intensivkurse dauern 42 Stunden und schließen mit einem Zertifikat ab. Wie geht man ein Projekt an? Wie baut man ein Team auf? Wie wirken unsere Sprache und Körpersprache? Wie löst man Konflikte? Das sind nur einige Kursinhalte. Vor allem geht es aber darum, dass die Teilnehmer/-innen sich ihrer Stärken bewusst werden und die richtige Richtung einschlagen. Das gilt nicht nur für frisch gebackene Ruheständler/-innen, sondern auch Frauen Mitte 50 interessierte das, erzählt die Trainerin. „Die kehren dann nach der Familienphase mit neuem Selbstwertgefühl zurück in den Beruf.“ Die Hauptzielgruppe ist jedoch 60 plus. „Es ist unglaublich schön zu sehen, was ältere Menschen an Schätzen mitbringen“, sagt Christa Jordan. Sie ermutigt die Teilnehmer, in Initiativen mitzumachen oder gar selbst eine zu gründen. So entstand in Landsberg ein Repaircafé, in dem heute bis zu 30 Ehrenamtliche engagiert sind. Ein weiteres großes Projekt ist die Senioren-Rikscha, die der Bewohnerschaft der vier Pflegeheime Ausflüge ermöglicht.
Im Kreis Landsberg entwickelten sich aus dem Kurs verschiedene Nachbarschaftshilfen. Nach Corona brauchten die Schüler Unterstützung, also reagierten Kursteilnehmer auf diesen Bedarf. Sehr gefragt ist auch das Projekt „Digital mobil im Alter“, das sich aus dem 2015 eingerichteten Internetcafé für Flüchtlinge entwickelte. Die jüngste Initiative ist die „Bibliothek der Dinge“, ein Nachhaltigkeitsprojekt, über das zum Beispiel Geräte für den Garten ausgeliehen werden können.
Seit einem Jahr leitet Christa Jordan die Kurse nicht mehr selbst. Das sei zu anstrengend geworden. Aber sie begleitet nach wie vor die Ehrenamtlichen in den ersten Projektphasen. Und sie ist mit ihrem Netzwerk diejenige, die weiß, an wen man sich wenden kann oder welche Organisation gerade Bedarf an Helfern hat.
Die Unterstützung geflüchteter Frauen liegt Christa Jordan besonders am Herzen. So initiierte sie 2015 ein interkulturelles Frauencafé und begleitete die Frauen bis in die Zeit der Pandemie. Heute bringt sie sich im Frauenprojekt „My turn“ im AWO-Haus ein. Es spricht vor allem ukrainische Frauen an. Als Referentin für Empowerment schaut die 83-Jährige, welches Wissen die Frauen aus ihrer Heimat mitbringen und wo sie sich damit in Deutschland als Arbeitnehmerin einbringen können.
Mit Enthusiasmus beteiligt sich Christa Jordan seit einiger Zeit im Projekt „Film Talk 60 +“ des Curatoriums „Altern gestalten“. Zunächst geht es bei dieser Idee aus Nürnberg um die Besprechung von Filmen, die für ältere Menschen besonders interessant erscheinen. Zum Beispiel „Die letzte Reise“ mit Christiane Hörbiger oder „Altersglühen“ mit Senta Berger. „Wir bewerten und vergeben bis zu fünf Kameras,“ erklärt die Cineastin. Sie zeigt auch besondere Filme für Senioren in Landsberg.

Sehr gefragt ist auch ihr Gesprächskreis „Altern“, den sie seit 2023 leitet. Hier geht es um die Probleme und Freuden des Alters. Manchmal geht es ins Philosophische, gleichzeitig hilft die Gruppe aber auch gegen Einsamkeit. „Mir ist wichtig, dass sich jeder einbringen kann. Und dann nimmt auch jeder etwas vom anderen mit,“ sagt die Kommunikationsexpertin. Voraussetzung ist: Neugierig bleiben – so wie Christa Jordan. Sie muss immer das Neueste im Filmmetier wissen, sie reist für ihr Leben gern, liest viel, wandert und spielt nach wie vor Tennis. Das ist 80 plus – plus viel mehr.
Informationen zum Mehrgenerationenhaus der Arbeiterwohlfahrt in Landsberg am Lech: www.awo-obb.de