Karl-Heinz Möhrmann aus München

Beispiel des Monats Mai 2025 für das ehrenamtliche Engagement Hochaltriger

Ein Ratgeber für Angehörige

Karl-Heinz Möhrmann (84) engagiert sich seit mehr als 30 Jahren in der psychosozialen Arbeit.

Karl-Heinz Möhrmann bei der Preisverleihung am 25. November 2024 in der Wolkenburg in Köln | Von links nach rechts: Dr. Jürgen Rembold, Stifter des Preisgeldes, Karl-Heinz Möhrmann, Petra-Weitz-Hanf, Mitglied der Jury

Wenn der Partner psychisch krank ist, kann man an seine eigenen Grenzen gelangen, vielleicht scheitert sogar die Beziehung. Oder man kann die Situation annehmen und daraus ungeahnte Kraft entwickeln. So machte es Karl Heinz Möhrmann. Jahrzehntelang begleitete er seine Frau durch ihre Krankheitsphasen und engagierte sich parallel in Selbsthilfegruppen und Interessenverbänden, war viele Jahre Vorsitzender des Landesverbandes Bayern der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen. Die Jury von „Engagement 80 plus“ würdigte mehr als 30 Jahre Engagement auf Landes- und Bundesebene mit einem der zehn Preise.

Der Ingenieur aus München war kurz davor, seine Ehe aufzugeben, weil seine Frau ihm zeitweise „wie ein fremder Mensch“ vorkam. Als er jedoch begriffen hatte, dass sie nicht böse, sondern krank war, suchte er nach Wegen, gut damit umzugehen. Das war 1968 – einige Jahre bevor die Enquetekommission des Bundestags die Lage psychisch erkrankter Menschen untersuchte und Verbesserungen in die Wege leitete. Auch heute redet man nicht gerne über psychische Krankheiten, damals war es ein Tabuthema. Die Ärztin seiner Frau machte Karl Heinz Möhrmann auf eine Selbsthilfegruppe für Angehörige aufmerksam, die versuchte, die Betroffenen mit Sport- und Freizeitangeboten zu unterstützen. „So rutschte ich in die Materie rein“, erinnert sich der 84-Jährige. Wobei man sich „einfach reinrutschen“ nicht so recht vorstellen kann, wenn man den Lebenslauf von Karl Heinz Möhrmann betrachtet. Der sieht nach großer Zielstrebigkeit aus. Sonst wird man nicht zum leitenden Angestellten in einem Elektrokonzern, meldet etwa 60 Patente an und wird 1995 von Siemens zu einem der „Erfinder des Jahres“ gekürt. Ohne Gestaltungswillen wird man auch nicht zum Landesvorsitzenden des größten regionalen Selbsthilfeverbands in der Psychiatrie in der Bundesrepublik.

Auf dem Weg zum Landesvorsitz lag zunächst die Gründung einer Selbsthilfegruppe für Angehörige, die Möhrmann viele Jahre moderiert hat, und der Vorsitz des „Arbeitskreises für psychosoziale Hilfe“ in München. „Die Angehörigen leiden ja genauso, manchmal noch mehr“, weiß Möhrmann. Er hat mit seiner Frau einen guten Weg gefunden, hat mit ihr in krankheitsfreien Zeiten viele Reisen unternommen. „Es hilft anderen auch, wenn man zeigt, wie man selbst damit umgegangen ist“, sagt er. Weil der Ingenieur gerne wandert, gründete er auch die Angehörigengruppe „Wandern mit Charly“. „Wenn man am Berg um Atem ringt, hat man keine Zeit an die Probleme zu denken“, erzählt er. Deswegen existiert die Wandergruppe weiter, obwohl der 84-Jährige selbst wegen seiner Knieprobleme nicht mehr in die Berge geht.

Im Jahr 2000 wurde Karl Heinz Möhrmann Mitglied im Vorstand des Landesverbands der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen (LAPK), 2004 dessen Vorsitzender. Seit Juni 2008 war er zudem in verschiedenen Funktionen im Vorstand des Bundesverbands der Angehörigen in Bonn aktiv. Seit zwei Jahren hat der Landesverband keinen Vorsitzenden mehr, sondern ein Leitungsteam. In dem fühlt sich der 84-Jährige noch als eine Art graue Eminenz. Mit seiner Erfahrung wurde er auch in Gremien berufen, die ärztliche Leitlinien für die Psychiatrie erarbeiten. Er betont: „Angehörige spielen schließlich bei der Behandlung der Krankheit eine entscheidende Rolle. Sie verbringen die meiste Zeit mit den Kranken.“ Möhrmanns spezielles Interesse gilt der Bipolaren Störung, die Krankheit, unter der seine Frau litt. Inzwischen gibt es bundesweit etliche Selbsthilfegruppen für die Angehörigen. Aber nach wie vor ist Möhrmanns Rat am Telefon gefragt. Seinen Namen und seine Nummer kennt man. Nicht zuletzt wegen seiner Kolumne in der Verbandszeitschrift „Unbeirrbar“, unzähligen Fachartikeln in Broschüren und weil er ein gefragter Interviewpartner der Medien ist.

Darüber hinaus engagiert er sich in der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen, der Deutschen Gesellschaft für Psychoedukation, dem Münchner Bündnis gegen Depression und bei BASTA, einem Verein, der gegen die Stigmatisierung von psychisch Erkrankten kämpft. Für sein umfangreiches, jahrzehntelanges ehrenamtliches Engagement erhielt der Münchener im April 2018 das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Nachdem seine Frau Erika 2022 gestorben ist, muss Karl Heinz Möhrmann schauen, wie er sein Leben ohne sie gestaltet. Auch das macht er zielgerichtet. Auf der Suche nach neuen sinnstiftenden Lebensinhalten fiel ihm beispielsweise ein Single-Modell aus Südkorea auf. Darüber verfasst er derzeit einen Artikel, um mit seinem Wissen anderen Menschen zu helfen.

Kurzinformation über den Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen (BApK) e. V.

Seit 40 Jahren setzt sich der Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V. (BApK) auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen erfolgreich für die Belange von psychisch Kranken und vor allem all jenen ein, die ihnen nahestehen: ihre Familien, ihre Freundinnen und Freunde, Nachbarinnen und Nachbarn, Arbeitskolleginnen und Kollegen. Er stellt eine Vielzahl von Angeboten für Angehörige von Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen bereit und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der Betroffenen und ihrer Familien sowie der gesellschaftlichen Antistigma-Arbeit. Außerdem steht er in einem engen Austausch mit der Politik. Hier ist er in einer Vielzahl von Gremien aktiv und beteiligt sich mit Stellungnahmen an den öffentlichen Debatten zum Thema seelische Gesundheit.

Beratungsangebote des BApK

SeeleFon. Hier beraten 22 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ratsuchende am Telefon und per E-Mail. Mehr Informationen zu diesem Angebot finden Sie hier: SeeleFon: Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V.

PEER4U. Seit Herbst 2021 bietet der BApK ein niederschwelliges Hilfeangebot für junge Angehörige psychisch erkrankter Menschen an. Junge Ratsuchende können sich mit ihren Sorgen im Chat an sechs Tagen in der Woche oder 24/7 via E-Mail an die 11 geschulte, ehrenamtlich Beratende wenden. Mehr Informationen zu diesem Angebot finden Sie hier.

Beide Angebote können anonym in Anspruch genommen werden und die Beratenden behandeln alle Informationen selbstverständlich absolut vertraulich.

SelbsthilfeNetz Psychiatrie: Im SelbsthilfeNetz Psychiatrie finden Betroffene und Angehörige Selbsthilfegruppen zu unterschiedlichen Themen und Krankheitsbildern in ihrer Umgebung. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die „Initiative Forensik“ im BApK ist eine bundesweite, unabhängige Arbeitsgruppe von Angehörigen psychisch erkrankter Menschen, die im Maßregelvollzug untergebracht sind. Sie möchte Mut machen und Sie beim Umgang mit einer forensischen Einrichtung unterstützen. Kontakt: initiative@initiative-forensik.de. Mehr Informationen finden Sie unter Forensik-Beratung: Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V.

Homepage des BApK – Der BApK: Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V.